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Erstellt von T. Gentsch | News

COS Rust | Die deutsche Meisterschaft im Skateboarding 2019


Ein Contest dauert drei Tage und am Ende gewinnt Alex Mizurov

10 Jahre COS Cup in Rust bedeuten wahrhaftig ein kleines Jubiläum. Wie Moderator David Luther so schön formulierte, „hat keine andere Location uns, also den COS, so viele Jahre am Stück ausgehalten“. Erstmalig 2010 im Europapark ausgetragen, fand das Event damals nicht als Finale, sondern als regulärer Tourstopp im ehemaligen Zirkuszelt statt. Es war September, draußen herrschten 30 Grad und ich kann mich noch sehr gut entsinnen, wie ich mit einer zehnköpfigen Gruppe der besten deutschen Skater in der Schlange vor dem Silverstar stand. Andy Welther und Thomas Weber kackten sich sprichwörtlich in die Hosen und hatten nach der ersten Fahrt ein Grinsen auf den Lippen, wie sie es sonst nur nach einem gestandenen Trick an einem 15ner Rail gehabt hätten. Danach wurden alle Wildwasserbahnen getestet und sich abends im Hotelpool vergnügt. Auch in den folgenden Jahren passierten in Rust irgendwie immer die verrücktesten Dinge der ältesten deutschen Contestserie. Es gab Schnee (und kein Silverstar fuhr), es gab Regen (und kein Sonntägliches Finale), es gab Dopingkontrollen (ein Format, von dem man sich nach 2017 wieder dankend verabschiedete) und seit jeher das Restaurant „Zum Ochsen“ in Rust-City. Dort zog es in diesem Jahr ganz besonders viele Starter hin, doch dazu später mehr. Ach so, und Alex Mizurov hat übrigens auch gewonnen!

Wer nicht der größte Fan des COS und seiner Contestserie ist, wird an dieser Stelle wahrscheinlich schon wieder aufhören zu lesen. „Alles wie immer, Mizurov gewinnt mal wieder, immer die gleichen Rampen und Starter“, wie oft habe ich selber diese Sätze schon zu Ohren bekommen. Aber halt, es geht ja auf einem COS Cup (und auch dem Finale) nicht nur um den Gewinner, sondern vor allem um ein Wochenende voller Spaß, gutem Skateboarding und neuen und alten Freundschaften. Zudem findet seit einigen Jahren auch das Finale der Titus Locals Only Competition im Rahmen des Contests in Rust statt und es ist immer sehr interessant zu sehen, wer ein Jahr später in der A-Gruppe startet und dort abräumt; Gino Körner ist dafür ein Vorzeigebeispiel!

Da der COS Cup als offene deutsche Meisterschaft ausgetragen wird, dürfen selbstverständlich auch Fahrer aus dem Ausland teilnehmen. Santino Exenberger aus Schwaz bei Innsbruck hatte sich fast schon „außer Konkurrenz“ in München qualifiziert und nach seinem Qualifikationsrun am Samstag sah es schwer danach aus, als ob der 18-Jährige auch in Rust locker gewinnen würde. Santino skatete den Parcours, wie „es sein sollte“. Hier wird an keiner Quarter rausgedroppt, die Achse gerade getreten und dann wieder reingedroppt, sondern ein Fs Noseblunt Tailbash geballert. Oder ein Fs Blunt, mit lautem Knall reingefahren, gefühlt einen Meter weit abgepoppt und visuell höchst eindrucksvoll anzuschauen. Man darf nur hoffen, dass Santino auch 2020 wieder auf dem ein oder anderen COS Cup auftaucht und mit seinem eindrucksvollen Skaten dem Event eine ganz besondere Note verleiht.

Wie auf jedem COS Cup gab es samstags auch den Teufel Best Trick Contest, dieses Mal am Double Set bzw. dem großen Rail. Dieses Obstacle ist zwar irgendwie etwas „einfach gewählt“, sprich, die Tricks hier schlicht am spektakulärsten, aber gleichzeitig für Fahrer und Zuschauer sicher auch am anspruchsvollsten. Wobei, meine Idee vor drei Jahren, zwei Meter vor die Quarter ein Brett zu schrauben und nach einem Drop-In einen full Speed Flattrick über das Hindernis zu ballern, definitiv auch sehr ansprechend anzuschauen war. Nichtsdestotrotz, die Jungs gaben mächtig Gas, allen voran Denny Pham, Gino Körner, Philipp Gerisch und Deniel Cramer.

An dieser Stelle tat sich im Laufe des Abends weiterer Diskussionsstoff auf. Philipp Gerisch hatte relativ schnell eine 360 Flip Nosebluntslide gemacht, Deniel Cramer einen Crooks Nollie Flip out. Dass einer von den beiden Best Trick Winner werden würde war klar, man wartete mit dem Ergebnis aber bis Sonntag und diskutierte abends auf der Party angeregt, ob ein Flip-In oder ein Flip-Out am Rail härter sei. Ich für meinen Teil war komplett auf „Flip Out ist härter“, hatte aber ebenso Verständnis für die „andere Seite“. Letzten Endes gewannen beide und spielten brüderlich „Schere, Stein, Papier“ darum, wer die Kopfhörer und wer die Box bekommt. Sehr sportlich, Jungs!

Gerade die etwas jüngeren Teilnehmer sind auf einem COS Cup immer besonders heiß auf die „After-Show-Party“. Das ist alles andere als verwunderlich, schließlich ist es in jungen Jahren besonders attraktiv, weit weg von daheim mit Gleichgesinnten mal so richtig einen rauszulassen. Rückblickend auf 2019 muss man allerdings sagen, dass es nur wenige „offizielle“ Partys dieser Art gab (Mönchengladbach fällt dazu als einziger Stopp ein). Irgendwie waren wir abends meistens Streetskaten und/oder hielten uns danach „nur“ an der Unterkunft auf, wo man natürlich auch ein bisschen feiern kann.

Zum Abschluss des Jahres hatte COS Mastermind Steffen Krüger jedoch den vorderen Bereich seines Lieblingsrestaurants „Zum Ochsen“ gemietet und es gab, oh Wunder, wirklich genug Freibier. Dass zudem am nächsten Tag kein Stories von irgendwelchen „Ausfällen“ bekannt wurden, beweist, wie brav wir, inklusive der jungen Generation, doch heutzutage alle sind. Danke Steffen! Noch braver als alle Anderen waren obendrein Alex Mizurov und Santino Exenberger, die beide auf Alkohol verzichteten, um am nächsten Tag fit zu sein. Bei 2.500 Euro Preisgeld sicher nicht die schlechteste Idee...

Kommen wir zum den sonntäglichen Finals in den drei Kategorien „Masters-“, „Women-“ und „Pro-Division“ – und gewissen Kritikpunkten. Der Begriff „Masters-Division“, ursprünglich vor Jahren als „Ü-30“ Gruppe ins Leben gerufen, sollte den „alten Hasen“ einen Anreiz geben, auch mal wieder an einem COS Cup teilzunehmen. Schaut man auf die „Pro-Division“, finden sich dort allerdings mit Denny Pham und Alex Mizurov direkt zwei Fahrer in den Top-Ten, die ebenfalls über 30 sind – aber (natürlich) dennoch bei den Pros starten. Auch ich hatte mich für das Ü-30 Finale qualifiziert, allerdings nur wenige Ambitionen gegen „ganz normal gesponsorte Fahrer“ zu starten, die allesamt nicht mal über 35 Jahre alt waren. Es wäre schön, wenn es im nächsten Jahr vielleicht zumindest eine Ü-35 Division werden würde, dann würden sich sicher wieder auch vermehrt Fahrer der wirklich alten Garde für das Event interessieren.

Bei den Frauen zeigte sich leider ein sehr maues Starterfeld, bedenkt man, dass von 18 qualifizierten Starterinnen ganze 5(!) den Weg nach Rust gefunden hatten. Das Level der Starterinnen wird zum Glück von Jahr zu Jahr höher, sodass die Runs durchaus ansehnlich waren. Doch wo waren Lea Schäfer, Julia Kühne oder Jocelyn Rebmann? Sie hätten der Division mit ihrem Skating sicherlich zu etwas mehr Glaubwürdigkeit verholfen, aber vielleicht passiert da ja im nächsten (olympischen) Jahr. Wenn aber 2 weibliche Starter aus dem olympischen Kader, die für die deutsche Meisterschaft qualifiziert sind, auf selbiger nicht erscheinen, muss man sich schon fragen, woran das denn liegt. Haben hier Verletzungen eine Rolle gespielt? Oder waren die Kosten für die Anreise zu hoch? Würde sowas nicht vom "Olympia Budget" gedeckt werden? Fragen über Fragen, deren Antwort ich an dieser Stelle schuldig bleiben muss. Vielleicht klappt es ja im nächsten Jahr mit einem etwas üppigeren Starterfeld bei den Damen. 

Zwischen dem Finale und der Siegerehrung fand wie gewohnt der Ravenol Barrel Jump statt. Hier setzte sich Gino Körner mit 11 Fässern durch, was einer durchaus respektablen Weite von einem 4 Meter Sprung von Board zu Board entspricht. Danach folgte die Siegerehrung und es gab keine großen Überraschungen – bis zur Verkündung von Platz 1 und 2 der Pros kam. „Und auf dem 2. Platz aus Schwaz in Österreich…“ las David Luther vor und ich glaubte meinen Ohren nicht zu trauen! Wie konnte DAS denn sein? Ich fiel vom Glauben ab. Lichtjahre hatte ich Santino vor Alex gesehen, vor allem, weil er äußerst abwechslungsreich fuhr. Da ich aber auch alle Judges seit 20 Jahren sehr gut kenne und weiß, dass sie eine wirklich saubere Arbeit abliefern, musste da irgendwas passiert sein, was ich nicht mitbekommen hatte.

In einem Gespräch mit David, der wie einige Andere auch noch eine Nacht blieb, erfuhr ich folgendes: „Hätte es im Finale 2 reguläre Runs a 45 Sekunden gegeben, hätte Santino nur einen und Alex auch ruhig 3 Runs fahren können – Santino hätte gewonnen. Da aber in den 8 Minuten „Organized Jam“ (jeder Fahrer mach 3 Tricks maximal und möglichst flüssig hintereinander, bei einem Bail nach 1. Oder 2. Trick folgt direkt der nächste Finalist usw.) Alex wohl mehr „3 Tricks Makes“ als Santino hatte und die obendrein technischer gewesen seien, wäre Alex knapper aber klarer Sieger gewesen.“ Das muss man, wenn man selber keine Striche für gestandene Lines gemacht hat, dann wohl so glauben. Vom Gefühl her war auch das meiner Meinung nach Quatsch, aber das kann auch ein subjektiver Eindruck sein, da ich Alex Runs seit Jahren in und auswendig kenne. Allerdings, wenn er damit zum mittlerweile 7. Mal deutscher Meister wird, dann kann man ihm das nicht übelnehmen. Absichtilich auf mehr Risiko zu fahren, wenn man weiß, mit dem Gewohnten eh zu gewinnen, wäre schließlich dumm – und das ist Alex ganz sicher nicht! Herzlichen Glückwunsch nach Gaggenau, wir sehen uns in 5 Wochen in Aurich!

Danke an den COS für das tolle Jahr - vom 17.-19.01. geht die Party mit dem ersten Tourstopp 2020 in Aurich weiter!