Als ich im Herbst 2016 an einer Tankstelle in Gütersloh auf Claus Grabke wartete, war ich schon ein wenig nervös. Noch nie hatte ich den Skater getroffen, der Ende der Achtziger der angesehendste Pro Europas war, der das Cover meines ersten Monster Magazins geschossen hat und der in meinem ersten Skatevideo ("Streets on Fire") einen fetten Part sein Eigen nennen darf. Mehr konnte man damals kaum erreichen, ganz besonders nicht als Deutscher. Claus´"Clock Model" gehörte damals zu den bestverkauften Brettern bei Santa Cruz, zudem tauchten von ihm geschossene Fotos in diversen US Magzinen wie Transworld, Thrasher und Poweredge auf. Dennoch entschied sich Claus Anfang der Neunziger für eine Karriere als Musiker und hatte auch in dieser Branche großen Erfolg. Er ist eben ein Typ, der durch seine absolute Hingabe für eine Sache - sei es ein Skateboard, eine Kamera oder eine Gitarre - andere Menschen fasziniert und inspiriert, mich eingeschlossen. Und trotz der Tatsache, dass ich schon 30 Jahre auf dem Board stehe und seit 20 Jahren Fotos schieße, hatten ich Claus noch nie so richtig kennengelernt. Wenige Minuten später kam es mir vor, als würden wir uns seit 30 Jahren kennen und es war eine der größten Fotografen-Ehren, mit Claus ein Skatephoto fürs Transworld zu schießen. Wie sagt man doch so schön: "Der Kreis schließt sich"!
40 Jahre Titus - Was macht eigentlich...? | Claus Grabke
Vom Skate-Pro zum Musikproduzenten
Von wann bis wann warst du Pro auf Titus?
Zunächst von 1980 bis 1985 und dann später noch mal in den 90ern.
Was war das verrückteste/wildeste/prägendste Erlebnis in deiner Zeit als Titus Pro?
Ich war seit 1977 gesponsorter Skater, zuerst für einen lokalen Surf-Shop namens "Mac Surfsport", dann "Calypso" (von SKF Kugellagerfabrik), dann CS (California Sun). Das alles war zu meinen Freestyler-Zeiten. Damals bin ich alles gefahren, Freestyle, Slalom, Hochsprung, Downhill. Dann starb Skateboardfahren komplett aus und hat sich mit Pool und Halfpipe Skaten irgendwie komplett neu erfunden. Das war die beste Zeit! So um 1980 rum traf ich das erste mal Titus und seine Truppe. Meine Mutter hatte in der lokalen Zeitung einen Hinweis auf eine Skateboard-Show in Hamm gesehen und da sind wir hingefahren. Mein Freund Uli Niewöhner und ich fuhren damals schon echt gut Halfpipe. In der Zeitung stand etwas von einem amerikanischem Profi-Team und mit entsprechenden Erwartungen fuhren wir nach Hamm. Das damalige Titus Team inklusive Titus selbst war aber noch nicht wirklich gut und so fragte ich den Mann mit dem lustigen Bart (Titus), wann denn das amerikanische Team käme. Er antwortete schnippisch: "Wenn ihr´s besser könnt dann macht doch!". Wir sind dann geskated und haben Drop-In, Rock n´Roll und Frontside Airs gemacht. Seit dem Tag waren wir Teil des Teams. Ansonsten war halt besonders, dass Titus der Erste war, bei dem ich ein Pro-Board hatte. Ich habe damals überlegt, was ich als Design will und die idee war direkt etwas zu finden, was ich in meiner Pro-Karriere immer wieder als Thema aufgreifen kann. Ich habe mich immer schon für Zeit, Zeitreisen etc. interessiert, und die Idee von der Uhr, die von Flugzeugen auseinander gezogen wird, war geboren.
Du bist (skatetechnisch) ja in einer Zeit großgeworden, als fast täglich neue Tricks erfunden wurden. Gibt es auch einen Move, den du als Erster gemacht hast?
Ich habe tatsächlich einen Trick erfunden, den so genannten „Claus to Tail“ (der Name stammt von Lance Mountain). Das ist praktisch der Trick, den heute alle unter dem Namen Fingerflip Lein to Tail kennen - und der heute wieder ein extrem angesagter Move ist. Es gibt allerdings keine richtige Story dazu. Ich habe den irgendwann mal als Sweeper gemacht und mir dann gedacht, dass man den gleichen Trick eigentlich auch als Lien to Tail machen könnte. Das war 1984, daheim in Gütersloh. Ich habe den dann ein wenig geübt, kurze Zeit später geschafft, und fertig. Vor internationalem Publikum habe ich den Trick dann zum ersten Mal 1985 in Virginia gemacht. Spidey hat Lance Mountain dann davon erzählt und er hat den Trick so genannt. Das waren einfache Zeiten damals...!
Auf welche Weise hat sich dein Pro-Dasein auf dein weiteres Leben ausgewirkt, was hat es dich gelehrt?
Ich war noch recht jung, und so war es zunächst mal irgendwie geil plötzlich Pro zu sein. Es ist mir aber nie zu Kopf gestiegen oder so. Ich habe das alles immer sehr realistisch gesehen. Ich bin ein zielstrebiger Mensch. Titus war eine erste Station einer langen Karriere. Danach folgten Powell Peralta, Madrid, Santa Cruz. Später dann wieder Titus, dann Pocket Pistol Skates und jetzt aktuell wieder Santa Cruz. Meine gesamte Skateboard-Karriere ist für mich eine unfassbar tolle Erinnerung, psychologisch gesprochen ist es wie ein weiches Kopfkissen, auf welches ich meinen Kopf ruhen kann. Ich habe meine Ziele weit übertroffen. Ich war zur bestmöglichen Zeit Profi, es waren die "goldenen Jahre" wenn man so will. Dennoch: Gelernt habe ich dadurch, dass es im Skateboardfahren nur darauf ankommt, Spass mit Freunden zu haben. Meine besten Freunde konnten noch nicht mal nen Drop-In, aber wir hatten ne menge Spass zusammen.
Welche Stationen hatte dein Leben nach dem Pro-Status?
Ich war ja schon während meiner Zeit bei Santa Cruz in einer Band namens "Eight Dayz", habe schon Konzerte gegeben und hatte auch einen Plattenvertrag mit einer großen Plattenfirma. Eines Tages haben ich dann entschieden, alle Sponsoren anzurufen und meine Profi-Verträge zu kündigen. Ich wollte einfach nur für mich fahren, komplett ohne Druck. Danach fing direkt meine Musik-Karrriere an. Ich habe mit mehreren Bands hochdotierte Plattenverträge gehabt, bin weltweit getourt. Ich habe alle großen Festivals weltweit gespielt, unter anderem mit meinen Bands "Thumb" und "Alternative Allstars". Alles Geld welches ich damals bei Konzerten und mit Merchandise-Verkauf gemacht habe, habe ich immer direkt in Studio-Equipment gesteckt und irgendwann mein eigenes Studio gebaut. Ich habe mit vielen Bands gearbeitet und produziert, z.b. Beatsteaks, Donots, Dog Eat Dog. Das Studio war lange Zeit alles was ich gemacht habe. Draußen vorm Studio steht ne Miniramp, alles super. In der Halle nebenan bauen wir an alten und neuen Motorrädern. Seit ca. fünf Jahren kümmere ich mich praktisch rund um die Uhr um die Band meines Sohnes Fynn, "The Picturebooks". Ich produziere die Platten der Jungs, mische sie live und bin auch Tour-Manager. Ich war noch nie glücklicher! Wir touren weltweit und es läuft da richtig richtig gut! Als Skater muss man die "Ellenbogen ausfahren", sich im sportlichen Wettkampf messen und einfach egoistischer sein als ich es eigentlich bin. Bei "The Picturebooks" stehe ich im Hintergrund und kann dennoch richtig gut helfen, das macht mir enormen Spaß! Ich fotografiere noch viel (habe früher auch für Thrasher und Transworld fotografiert und ja auch das Monster Magazin initiiert) und ich drehe auch viele Musik Videos.
Was vermisst du am meisten an Pro-Dasein, was am wenigsten?
Ich vermisse Nichts. Wie eingangs erwähnt, habe ich mehr erreicht als ich je gedacht hätte und dieser Bereich ist abgeschlossen.
Würdest du „das“(heutzutage) auch alles machen, wenn du kein Titus Pro gewesen wärst?
Nimm mir das nicht krumm, aber wenn ich kein Titus-Pro geworden wäre, wäre ich halt für jemand Anderen Pro gewesen, was ich später dann ja auch war. Mein Werdegang lief wie von selbst ab. Skaten, Musik, das ist mein Ding, dafür bin ich geschaffen.
Fährst du immer noch Skateboard und wenn wie oft?
Ich hatte Anfang 2017 einen schweren Unfall. Ich bin beim Videodreh in Yucca Valley in den USA von einem Auto überfahen worden, hatte 10 gebrochene Rippen, 9 abgebrochene Wirbelfortsätze , eine punktierte Lunge, einen gebrochenen Rückenwirbel und zwei gerissene Kreuzbänder. Ich bin seitdem noch nicht wieder gefahren, aber diesen Sommer sollte das klappen. Smithgrind und Pivot to fakie geht immer!