Carhartt WIP | Fall/Winter 2019 shot by Laura Kaczmarek for Titus
Im Jahre 2019 befindet sich Skateboarding in einem sehr breitgefächerten Stadium. Wo früher nur ein ganz bestimmter Klamottenstil akzeptiert war und für Außenstehende Skater alle wie kleine Klone aussahen, findet man heute eine kaum enden wollende Diversität. Egal ob baggy oder hauteng, egal ob Tank-Top oder Polo-Shirt, jeder Style findet Akzeptanz und das macht die Skateboardwelt bunter denn je. Gleiches gilt auch für die Partizipanten. Viele Frauen fahren mittlerweile auf einem Level, um das sie von vielen männlichen Skatern beneidet werden. Auch bei den Frauen findet man die unterschiedlichsten (Skate-) Styles, wobei sich auch in diesem „female Bereich“ des Skateboardings viele weitere Talente offenbaren. Von der Modedesignerin bis zur Fotografin, hier wird, genau wie bei den Männern, jede kreative Sparte besetzt. Laura Kaczmarek aus Essen ist nicht erst seit gestern auch für ihre Künste hinter der Kamera bekannt und gehört mittlerweile zu den gefragtesten Fotografinnen im Boardsport/Lifestyle Bereich. So war es nur eine logische Konsequenz, dass die 29jährige die neue Fall/Winter Kollektion von Carhatt WIP für Titus geschossen hat. Danach haben wir uns mit ihr noch kurz zusammengesetzt und ihr ein paar Fragen gestellt. Mit welchem Skater sie gerne mal ein Shooting hätte, welches ihre ersten Tricks sind wenn sie skaten geht und ob sie auch in Tschernobyl Fotos schießen würde, erfahrt ihr in den folgenden Zeilen.
Hallo Laura, erzähl doch mal, wie sieht bei einer (freien) Fotografin wie dir der normale Tagesablauf aus?
Das kann man gar nicht so genau beantworten. Wenn man selbstständig ist, hat man ja gar keinen strikten Arbeitstag, für den man um 8 Uhr morgens jeden Tag aufsteht. Bei mir ist das total unterschiedlich, es kommt halt immer darauf an, welche Projekte so anstehen. Wenn ich für ein Shooting mal weiter weg fahren muss kann es durchaus sein, dass ich mal um 4 oder 5 Uhr morgens zu Hause rausgehe. Dann wird ja meistens den ganzen Tag über fotografiert, die nächsten 2 Tage ausgewählt und bearbeitet und abgesehen davon muss ich ja auch immer viel vorbereiten und planen…
Wo du planen sagst, das bezieht sich ja primär auf die Location, oder?
Ja, genau, Location, Models, Visagist/in, / Stylist/in, Assistenten das gesamte Team eben.
Wie hast du deine Models denn gefunden, für das Carhatt-Shooting? Kanntest du die vorher schon?
Ja genau, eigentlich kannte ich Alle vom Skaten. Ich hatte allerdings auch noch viele weitere Models im Kopf, aber die Leute von Carhatt wollten dieses Shooting eher mit ein paar jüngeren Kids durchziehen. Das fand ich persönlich allerdings auch voll gut, da es einfach mal etwas anderes ist, mit Jüngeren zu arbeiten. Da ich mit dreien von denen auch zuvor schonmal Fotos geschossen habe. Das hatte komplett den Charakter „man geht skaten, hängt ab und ich mache halt ganz nebenbei ein paar Fotos davon“. Besser geht es eigentlich nicht.
Ist es also besser, oder entspannter, mit Leuten die du kennst zu arbeiten, oder machst du genauso gerne mit neuen Models etwas?
Eigentlich mag ich beides gerne, aber es ist natürlich vollkommen klar, dass man viel schneller „drin ist“, bei Leuten die man kennt. Es wirkt dann auch authentischer. Aber, habe ich irgendjemanden, den ich schon immer mal fotografieren wollte oder ich habe einen Job mit Models, die ich vorher nicht kannte, finde ich es dennoch genauso interessant, weil man dann eben beim Shooting einen neuen Menschen kennenlernt.
Wie handhabst du das denn, wenn du ein Shooting in einer fremden Stadt hast, in der du dich nicht auskennst und keine Locations vor Augen hast?
Naja, meistens stehen hinter den Aufträgen ja Produktionsagenturen und die kümmern sich dann um sowas. Die haben dann ja auch meistens gewisse Vorstellungen und kennen für den Job spezielle Location Scouts, die dann etwas Passendes aussuchen. Es ist aber auch schon oft vorgekommen, dass der Kunde mich damit beauftragt hat und dann kommt für mich Skateboarding ins Spiel. Ich schaue dann, dass ich mich mit Locals connecte und frage dann die, von denen ich denke, sie könnten eine gewisse Ahnung davon haben. Damit bin ich bis jetzt immer sehr gut gefahren und habe immer sehr gute Tipps bekommen, was für ein entsprechendes Shooting passen könnte.
Das Carhatt Shooting fand im Ruhrgebiet statt, richtig? Da kennst du dich ja sehr gut aus, wo war das genau?
Das war einen Tag in Dortmund und einen Tag in Essen. Die Locations kannte ich natürlich und habe ein paar Vorschläge gemacht, wo wir hingehen könnten und dann haben wir uns eben für die entschieden, die ihr auf den Bildern seht. In Essen war es leider ein wenig komplizierter, da ich einen mega coole Spot rausgesucht hatte, aber dort Bauarbeiten waren, als wir angekommen sind. Sowas kann natürlich auch immer passieren, wenn man zwei Wochen vorher etwas scoutet. Dann kommt es auch schonmal vor, dass es da auf einmal ganz anders aussieht. Aber das kennst du ja auch vom Skaten, auf einmal sind Skatestopper auf dem Rail oder so.
Das stimmt, bei beiden Dingen bewegt man sich schließlich im urbanen Raum. Sag mal, wenn du es dir aussuchen könntest, und dein Kunde es auch bezahlen würde, würdest du lieber analoge Bilder schießen als Digitale?
Ja, definitiv! Ich fotografiere neben Digital auch IMMER analog mit, und sei es nur für mich selber. Das mache ich dann auch auf eigene Kosten, aber eben nur, weil es mir persönlich dann auch besser gefällt. Allerdings hatte ich auch schon Jobs, wo explizit gewünscht war, dass ich nur analog schieße. Das ist aber leider die Ausnahme, aber so ist das heute eben. Analog ist halt einfach echter, bewusster und irgendwie auch einfacher. Vom Look her ist einfach alles direkt schön. Das mit dem bewussten Schießen wird zwischen Digi und Analog sehr deutlich, wenn man dann 1.500 digitale Bilder aus einem Shooting mitnimmt, analog aber vielleicht gerade mal fünf Rollen geschossen hätte.
Gibt es irgendeine Location, weltweit, wo du sagen würdest „DA will ich unbedingt mal schießen“?
Ja, definitiv, und zwar in den USA. Ich war leider noch nie da und es ist echt mein größter Traum dort mal hinzukommen. Genaue Locations oder Städte habe ich dabei nicht mal im Kopf, ich stelle mir das eher so Roardtrip-mässig vor dann. Dinge wie alleinstehende Motels an der Route 66, wenn man das so vielleicht spezifizieren kann. Ach, und da fällt mir ein, einen Ort gibt es, diesen künstlichen Berg in der Wüste, Salvation Mountain. Das wäre ein Ort, wo ich irgendwann mal hinwill. Das wird zwar für viele so etwas sein wie für UNS zum Beispiel der Landschaftspark Duisburg-Nord, tausend Mal tot-fotografiert, aber es reizt mich trotzdem sehr!
Ich glaube in Detroit würdest du dich als Fotografin auch sehr wohl fühlen, mit den ganzen leerstehenden und zerfallenden Gebäuden… Andere Frage: Könntest du dir vorstellen, als Fotografin eine Strecke in Prypjat zu schießen, der Stadt neben Tschernobyl?
Da habe ich in der Tat letztens auch schonmal dran gedacht. Du meinst in der verlassenen Stadt, mit dem Riesenrad und so, oder? Ja, das würde ich auf jeden Fall machen! Vor einer Strahlenbelastung hätte ich auch kein Schiss, das ist ja auch schon über 33 Jahre her jetzt. Außerdem wohne ich in Bottrop, da gab es letztens erst die Durchsage, dass man das Gemüse aus dem eigenen Garten nicht mehr essen solle, da irgendwelche Chemikalien in einer nahen Fabrik ausgetreten seien. Von daher…
Meine Frage zielte eigentlich auch gar nicht auf die Strahlenbelastung, sondern eher den sogenannten „Dark-Tourism“, auch wenn du ja in dem Fall kein Tourist wärst…
Hmmm, ich muss gestehen, wenn ich jetzt wo du es sagst darüber nachdenke, kann ich die Frage nicht ganz so leicht beantworten, ich glaube, es käme dann auf die Art des Auftrags an, den ich da hätte. Eine journalistische Arbeit würde ich auf jeden Fall machen, aber ein richtig kommerzielles Modeshooting, wo Models die neusten Teile präsentieren, das fände ich schon ein bisschen schräg und würde es glaube ich nicht machen.
Kommen wir mal zu Skateboarding. Was ist eigentlich der erste Trick den du machst, wenn du aufs Board steigst?
Haha, der erste Trick, den ich mache wenn ich aufs Board steige ist entweder ein Bs 180 oder ich fahre los, mache einen Ollie und danach einen Wheelie. Das ist echt immer das erste was ich in unserem Local Park mache, wenn ich skaten gehe. Da ist ein Gulli und über den mache ich einen Ollie und danach dann einen Wheelie. Die Frage hat mir echt noch nie jemand gestellt, aber ich merke das gerade echt selber erst so richtig, dass das meine Routine ist.
Skatest du denn (noch) viel?
Also auf jeden Fall skate ich so viel wie ich kann. Allerdings muss ich Skateboarding meiner Arbeit schon auch unterordnen, klar. Wenn ich weiß, dass ich nächste Woche einen wichtigen Auftrag habe, kann ich das aber nicht, da ich dann den Kopf nicht frei habe. Dann habe ich immer Angst, dass ich mich verletze und daher den Termin nicht wahrnehmen kann und der Auftraggeber sich dann bestimmt das nächste Mal auch jemand anderen sucht. Letzte Woche wurde ich am Knie operiert und bin jetzt eigentlich erstmal für 1-2 Monate raus, skatetechnisch. Es war auch zum Glück nichts an den Bändern oder so. Ich hatte mir ein Teil der Kniescheibe gebrochen und die Stückchen mussten rausgeholt werden. Ich kann es also schon ein wenig belasten und was mache ich nächstes Wochenende? Auf ein Shooting gehen. Und ich bin letzte Woche erst operiert worden. Aber das sind dann so Sachen, die muss ich einfach hinkriegen.
Das wirst du schon schaffen. Letzte Frage, wen würdest du einfach unheimlich gerne mal fotografieren, egal ob aus der Skateszene oder nicht?
Aus der Skateszene definitiv Blondie (McCoy), hahaha!