Da saßen wir also, Sonntagabend, vor dem YMCA Hostel in Basel. Ein Haufen Skater, von jung bis alt, männlich und weiblich, aus 7 verschiedenen Nationen, und ließen den ESC Basel und seine Historie Revue passieren. Alexis Jouzion, Martin Karas, David Luther und meine Wenigkeit waren schon bei der allerersten Edition dieses Wettbewerbs dabei, 2001. Damals war Alexis ein Starter, heute Judge, und ich hatte einen 360 Flip von ihm geschossen. Trotz seiner französischen Herkunft und Muttersprache erinnerte er sich fast wörtlich an die Bildunterschrift, die ich seinem Bild damals verpasst hatte. 17 Jahre ist das jetzt her! 17 Jahre in denen wir Alle gealtert sind, eventuell Kinder und viele sicher auch ein paar graue Haare mehr bekommen haben. Was mir mein Blick in die Runde aber am eindrucksvollsten verrät, ist dass wir alle, und sehen wir uns auch nur einmal im Jahr, Freunde geworden sind. Wir haben in den letzten 20 Jahren gemeinsam Dinge erlebt, die „Normalsterbliche“ für unmöglich halten würden und haben Orte bereist, von denen andere ein Leben lang träumen. All dies war und ist nur möglich, weil wir dieses verdammte hölzerne Brett mit den 2 Achsen und 4 Rollen derart tief im Herzen tragen, dass wir es bis an unser Lebensende nie vergessen werden. Willkommen zur größten Familienfeier Europas, dem ESC in Basel!
Schaue ich mir oben erwähnten Artikel von 2001 an, muss ich mit Freude feststellen, dass neben dem Bild von Alexis auch Steffi Weiß abgebildet ist. Steffi gehörte damals zu den besten weiblichen Skatern Europas und Basel zu den ersten Contests, auf denen es ganz selbstverständlich auch eine Female-Divison gab. Schon damals war das Level hoch, aber was die Frauen 2018 auf dem Baseler Parkett veranstalteten, war schon eindrucksvoll. Julia Brückler als wahre Athletin auf der einen Seite und eine 14 Jahre junge Kees Oldenbeuving auf der Anderen zeigen, auf welch goldene Zeiten Frauen auf dem Skateboard zusteuern. Wo das Zuschauerinteresse vor 17 Jahren vielleicht noch etwas verhalten war, wird heute geschrieen und angefeuert was das Zeug hält. Hatten die meisten Mädels damals mehr oder weniger den gleichen Look, sieht man heute Individuen, die sich genau wie ihre männlichen Kollegen ohne Scham so präsentieren, wie es ihnen selber am besten gefällt; so muss das sein!
Bei den Herren gingen insgesamt Fahrer aus 13 verschiedenen Nationen an den Start. Das ist schon beachtlich, vor allem, weil man im Vorfeld so rein gar kein Gefühl dafür hatte, ob nun unheimlich viele, oder eher Wenige bekannte Pros da sein würden. Letzten Endes waren es 130 Skater und man musste schnell feststellen, dass die deutschen, von Vielen als „COS-Contest-Heimer“ angesehen, im Gegensatz zur Konkurrenz aus dem europäischen Ausland noch einiges nachzuholen haben. Mit dem Cut auf nur 25 Starter trennte man wahrlich die Spreu vom Weizen, und von Alex Mizurov bis Justin Sommer blieben nahezu alle Deutschen auf der Strecke. Einzig Denny Pham, Glenn Michelfelder, Titus Mönchengladbach Teamrider Dominic Wenzel und Titus Osnabrück Fahrer Mika Möller schafften den Cut und sahen sich starken Franzosen gegenüber.
Highest Ollie Contest
Es gab drei sogennante „Side-Events“, unter anderem den Creapure Highest Ollie Contest, bei dem Marcel Rieger und Alex Mizurov beide bei 97cm an ihre Grenzen kamen. Wie beide berichteten, war es weniger die Höhe, die gewisse Probleme bereiteten, sondern vielmehr die Tatsache, dass man bei einer Stange nur schwer abschätzen kann, wo man abpoppen muss. Dennoch wurden die 97cm von beiden mit Bravour und viel „Kniegefühl“ gemeistert und brüderlich teilte man sich das Preisgeld.
P-Stone Memorial Challenge
„P-Stone forever“ – unter diesem Motto stand ein weiterer „Side-Event“, der 2018 in Basel stattfanden. Preston Maigetter, wie er mit bürgerlichem Namen hieß, war der allseits beliebte Thrasher Filmer, der auf tragische Weise vor einem Jahr bei einem Autounfall mit Corey Kennedy ums Leben gekommen ist. Ich kannte P-Stone von diversen gemeinsamen Touren und kann mit gutem Gewissen sagen, dass alles, was man über ihn erzählt, der Wahrheit entspricht. Egal ob auf dem Skateboard, hinter der Kamera oder einem Grill, der Mann hatte stets die Zeit seines Lebens und war durch nichts auf dieser Welt aus der Ruhe zu bringen.
In Gedenken an diesen Mann seltener Qualität hatte Oli einen Wallride Event auf die Beine gestellt, der durch ein kollektives Öffnen von Bierdosen (die vorher verteilt wurden) eingeläutet wurde – Gänsehautfeeling garantiert! Die blieb auch danach noch erhalten, da sich manche einen harten Battle mit der schlussendlichen 1,50m Vert-Wall lieferten; und sogar der Bundestrainer aka Jürgen Horrwarth zollte mit einem Fs Nosegrind Tailgrab seinen Respekt!
OG Game of S.K.A.T.E
Beim OG Game of S.K.A.T.E. war es wiederum Alex Mizurov, der sich für ein Finale gegen Kilian Zehnder qualifiziert hatte. Ansager David Luther prognostizierte schon ein über Stunden dauerndes Game, allerdings war Kilian am Vorabend feiern und Alex brav im Bett gewesen. Das war sicher ein Vorteil, allerdings kam Mizze auch mit Tricks um die Ecke, die wahrlich undankbar nachzumachen waren. Fs Double Flip oder Sw Laserflip macht eben auch ein Kilan Zehnder nicht "mal so eben" und so nahm Alex den Sieg mit nach Gaggenau. Aber... der kann das ja auch wirklich ganz gut, dieses Flatland-Skating!
Samstagabend trieb es diejenigen, die nicht für den nächsten Tag fit sein mussten, zum Portland. Das ist das Areal, in dem sich der riesige DIY Bowl befindet und wo „Hippie-Kommunen mässig“ auch einige Menschen leben. Bier wurde hier gegen „Spende“ verkauft („Zahl einfach was du denkst“), was gerade in der teuren Schweiz für ein breites Grinsen der Landesgäste sorgte. Neben einer Session („die können auch Alle einfach nicht mal das Brett weglegen“) gab es live Musik, es wurde getrunken, gelacht und auch hier hatte man das Gefühl, auf einem großen Familienfest zu sein. Sehr schön das!
Am Sonntag merkte man von Katerstimmung allerdings nur sehr wenig, zumindest bei den Fahrern, die noch im Rennen waren. Die Holländer, tags zuvor noch DIE treibende „Applauskraft“ auf der Zuschauertribüne, waren allerdings etwas leiser als am Vortag; woher DAS wohl nur kam?! Laut wurde es dann vor allem, als Mika Möller fuhr. Bei den Zuschauern sicher noch mit einem „Kiddie-Bonus“ gesegnet, interessiert so etwas die Judges nicht im Geringsten. Die stehen eher auf Stay-On Runs und Mika lieferte. Er lieferte sogar in der Form, dass er nicht die gleichen Runs fuhr, sondern immer noch einen draufsetzte. Wo vorher „nur“ ein Bs Lipslide, war im nächsten Run ein Kickflip Bs Lipslide. Das Basuha Scoring System von David Suhari ermöglicht eine direkte Auswertung direkt nach jedem einzelnen Run und bis zum letzten Fahrer musste Mika um seinen 8. Platz bangen. Er sollte ihn behalten und war somit der einzige Deutsche im Finale!
Selbiges war geprägt von einem Level, das man sich vor 10 Jahren nur schwer hätte vorstellen können. Aurelien Giraud sahen viele als Gewinner, allerdings war es letzten Endes Benjamin Garcia, der die Judges überzeugen konnte. Man muss allerdings auch sagen, dass dies mal wieder eines dieser Finals war wo man sagt: „Das will ICH nicht judgen müssen“! Mika landete auf einem respektablen 7. Platz und wurde von den Judges, wie mir Alexis abends erzählte, nur noch „our Kid“ genannt. Und da war es sofort wieder, dieses Gefühl Teil einer Familie zu sein, auch wenn Mika das gar nicht mitbekommen hat. Aber irgendwann, in 10 Jahren vielleicht, werden er und einer der Judges vom ESC 2018 zusammensitzen und er wird erfahren, dass er sich seit seinem 7. Platz 2018 als „our Kid“ in der Familie befunden hat – der Familie Skateboarding!
Danke an alle Sponsoren, allen voran Titus, sowie der Stadt Basel und natürlich Oli Buergin für dieses perfekte Event!