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Roland Hirsch | Fs Ollie
Erstellt von T. Gentsch | News

Frontside vs. Backside | Eine wissenschaftliche Analyse


Eine Abhandlung über eine der größten Fragen im Skateboarding

Skateboarding hat sich seit den 60iger Jahren gewandelt wie kaum ein anderer Sport. Wobei bei dem Wort Sport schon direkt die nächste Frage aufkommt. In einem Gespräch mit Tommy Sandoval nannte der mal eine gute Erklärung, warum es kein Sport sei. „Bei jeder Sportart geht es von Anfang an immer darum, einen Sieg einzufahren, egal ob es ein Team- oder Individualsport ist. Man fängt nicht mit dem Fußballspielen an, ohne den Gedanken früher oder später auch ein Spiel zu gewinnen“, so Sandoval. Ich fand diese Aussage die einleuchtendste Erklärung zu diesem Thema, die ich je gehört hatte. Und Dave Mayhew fügt in einem anderen Interview an, wir bleiben beim Fussball, dass es eben in einer Sportart wie dieser keine „Weiterentwicklung an Tricks“ gäbe, weshalb er sich seinerzeit gegen den Ballsport und für Skateboarding entschieden hat. „Im Skateboarding könne er jeden Tag neue Tricks erfinden und den Sport somit stetig verändern“, so Mayhew. Damit hat er vollkommen recht und es ist sicher auch ein großer Faktor, weshalb wir Skateboarding so lieben. 

Fotos (falls nicht anders angegeben) & Text: T. Gentsch

Aber dennoch, Tricks, die so gesehen ja auch eine Messlatte bilden, sind für den ambitionierten Skateboarder sehr wichtig. Und um hier eindeutige „Vergleichstandards“ zu schaffen, haben Tricks Namen, oder besser, bildet man Namen mit (für Skater) logischen Bausteinen. Zwar gibt es ausnahmen wie zum Beispiel einen McTwist oder einen Barley Grind, aber auch diese (nach ihren „Erfindern“ benannten) Tricks lassen sich aus einzelnen Elementen zusammenbauen. Doch ist es wirklich SO einfach und vor allem auch logisch? Mit der steten Weiterentwicklung sowie „Switch“ und/oder „Fakie Tricks“ ist es bestimmt nicht einfacher geworden. Eigentlich gibt es sogar ein riesiges Gap in der Logik der Trickbezeichnungen. Vorhang auf für den Sw Nollie Fs Boardslide!

Um die ganze Frontside und Backside „Problematik“ zu verstehen, muss man sich zunächst einmal einen Pool oder auch eine einfache Rampe vorstellen. Die ersten „echten Tricks“ auf einem Skateboard wurden dort gemacht und hier fanden die ersten Namensgebungen statt. Zu dieser Zeit war alles noch sehr logisch. Macht man einen Ollie (Air) mit dem Rücken zum Coping, ist es (ganz einfach übersetzt) eben ein Backside Ollie (Air), mit der Körpervorderseite im Umkehrschluss ein Frontside Ollie (Air). Wir spulen, nur um es schonmal später auftretende Unklarheiten zu beseitigen, vor ins Jahr 1980 als Steve Caballero den Caballerial erfand. Dies ist ein Fakie 360 Ollie in einer Rampe, bei der die ersten 180 Grad zwar „Frontside“ gedreht werden (schließlich zeigt die Brust/Vorderseite kurzzeitig in Richtung Coping), man beendet den Trick jedoch wie einen Bs Ollie. 

Um ganz genau zu sein, um die Rotation gut hinzubekommen, dreht man seinen Körper schon ein wenig „vor“, bevor man abpoppt, was den „Frontside-Moment“ kaum länger als ¼ des gesamten Tricks zum Tragen kommen lässt. Diese Erklärung passt genauso gut auf die Fs Variante; auch hier verbringt man ¾ des Tricks mit der Vorderseite des Körpers in Richtung Coping. Soweit, so gut. Oder vielleicht auch nicht? Bleiben wir zunächst bei dem, was „einfach“ und für jeden verständlich ist und ebenfalls seinen Ursprung in einer Rampe bzw. am Coping hat. Ein Backside Rock´n Roll heißt so, weil man sich beim „wieder in die Rampe reindrehen“ mit der Backside (also mit dem Rücken) zum Coping befindet. Bei einem Fs Rock´n Roll dreht man sich mit der Körpervorderseite in Richtung Coping/Platform zeigend wieder in die Rampe und wenn man ihn rutscht bleibt es eben auch ein Fs Rock´n Roll Slide; oder ein Fs Boardslide an einem Poolcoping, einem Rail oder Curb.

Ihr merkt, wir bewegen uns langsam in Richtung Streetskaten, benutzen aber nach wie vor die Rampe als Referenz um die Schritte logisch zu halten während wir uns von Grinds zu Slides durchkämpfen. Bei Grinds ist alles erstmal genau gleich. Stell dir einen Curb und eine Quarter vor und einen 50/50 oder einen 5-0 Grind. Hier sind Coping und Curbkante eindeutig dasselbe und alles kann 1a nachvollzogen werden. Auch bei Tailslides/Lipslides bleibt alles logisch. Man stelle sich vor die Transition einer Rampe hochzufahren und sich backside in einen Tailslide/Lipslide zu drehen – schon hat man einen Backside Tailslide/Lipslide und auch hier lassen sich Bewegung und Rutschrichtung ohne „Wenn und Aber“ auf einen Curb/Flatrail übertragen. 

Der erste kleine „Knackpunkt“ tut sich bei Fs und Bs Noseslides auf. Jedoch kann man auch hier eine eindeutige Erklärung liefern und muss hierfür nur wieder in die Rampe gehen und die selbe Erklärung wie bei Rock´n Rolls verinnerlichen. Fährt man in einen Nosestall (oder Slide) rutscht am Coping entlang und dreht sich „normal“ wieder rein, ist die „Reindreh-Richtung“ Backside, auch wenn man eine „vorderseitigte Rutschrichtung“ hatte. Gleiches gilt bei der Fs Variante, die sich „schablonenartig“ ebenso wie der Fs Rock´n Roll verhält. Selber „Bodytwist“, selbe vorderseitige Art sich wieder reinzudrehen – also ein Fs Noseslide

An dieser Stelle müssen wir kurz durchatmen und festhalten: Wir benutzen weder die „Richtung“ in die wir rutschen als Fs/Bs Bezeichnung, noch die Art, wie wir in den Trick REIN springen. Ansonsten wäre ein „normaler Noseslide“ nämlich ein Fs Noseslide, da wir sowohl einen 90 Grad Fs Ollie zum reinspringen benutzen, als auch in vorderseitiger Richtung sliden. Der Kopf muss sich hier allerdings wieder RANZ schnell ein Coping einer Rampe vorstellen und schon ist sofort wieder klar, warum dies Quatsch wäre. An dieser Stelle gibt es zwar kaum Unklarheit, ein Fs Noseslide ist selten falsch benannt worden (ebenso wie ein Fs Boardslide), aber für unsere weitere Analyse müssen wir das so erstmal festhalten!

Bis hierher sollte weiterhin alles klar sein, oder? Wir haben uns nur mit Tricks befasst, die schon vor 30 Jahren existierten und sich „sauber“ von Pool/Rampe auf die Straße übertragen lassen. Irgendwann Ende der achtziger Jahre begannen erste Pros Ollies mit der Nose zu poppen, „Nose-Ollies“, kurz Nollies waren geboren. Da die Trickentwicklung immer schneller voran schritt, dauerte es nicht sehr lange, bis die auch mit Flips und Drehungen kombiniert wurden. Auch an dieser Stelle darf man sich wiederum eine Rampe vorstellen und so ist ziemlich eindeutig, was hier Fs und Bs ist. Also ist ein Bs Nollie ein Nollie 180 mit dem Rücken zum Coping, ein Fs Nollie verhält sich genauso wie ein Fs Ollie. Und da wir mit dem Kopf gerade wieder im Pool stecken, harken wir auch direkt den Nollie Fs und Bs Boardslide ab. Gleiche Bewegung wie ein Fs Rock´n Roll (Slide), nur mit Nollie – also ist auch ein Nollie Fs Boardslide eindeutig, in jeder Art und Weise (und Bs natürlich auch). Und dreht man einen Fs Nollie nochmal um 180 Grad weiter, hat man einen Nollie Cab, oder…? STOP!!!

Ab jetzt wird es ein wenig kompliziert, bzw wir kommen zum ersten großen Knackpunkt. Wir verinnerlichen nochmal, dass ein normaler Caballerial backside gedreht ist; aber warum ist dann der gefühlt selbe Trick mit Nollie frontside? Analog dazu kommt die selbe Frage auf der Straße auf: Ein Nollie Bs 180 ist nach hinten gedreht (also konform mit demselben Trick in Rampe/Pool), aber warum ist dann derselbe Trick fakie gefahren ein Fs Halfcab? Auch hier muss man im Kopf in der Zeit wieder weit zurückspulen, sich in den Pool begeben und sowohl den Begriff Nollie, als auch Fakie streichen; denn grundsätzlich wurde im Pool erstmal nur vorwärtsgefahren.

Also, klar ist was ein Bs 360/Fs 360 Ollie in einem Pool ist; ein „normaler“ Fs oder Bs Ollie mit 360 Grad Drehung. Das sich das ebenso bei einem Nollie verhält, ist ebenso klar, da ein Nollie ja nur ein „Nose Ollie“ ist; auch hier ist also alles in Bezug auf Fs und Bs eindeutig. Und wie wir ja auch schon zuvor festgestellt hatten, sind auch Fs und Bs Caballerials eindeutig definiert und es ist belegt, warum die eben so heißen. Bei der Fs und Bs „Begründung“ der „Half-Cab“ Variante muss man also zur Erklärung sich stets den „gesamten Caballerial“ als Trick vorstellen. Und dessen Fs und Bs Version hatten wir ja auch schon weiter oben erläutert. So sollte sich also eindeutig erklären, wieso sich etwas auf den ersten Blick eigentlich „gleich Aussehendes“ trotzdem in Fs und Bs unterscheidet. Und wer jetzt meint, dass ein 360 Nollie dann doch ein switch (Bs) Caballerial sei, dem sei der Erfinder Steve Caballero ans Herz gelegt, der in einem Berrics Interview eindeutig sagt: „There is no such thing as a Nollie Cab – Period“! Die „schwierigste“, oder zumindest am häufigsten aufkommende Frage sollte somit geklärt sein. Die Antwort lässt natürlich dann auch für alle anderen Fakie und Nollie Variationen dasselbe Ergebnis zu. Sprich, ein Nollie Bs Bigspin orientiert sich am Nollie Bs 180, ein Fakie Fs Bigspin an einem Fs Halfcab. Alles klar? Klar!

Wie wir herausgefunden haben, gibt es allerdings noch eine andere Art von (Curb/Rail) Tricks, die offensichtlich Fragen aufwerfen. Dabei handelt es sich vor allem um Fakie angefahrene Manöver und auch hier darf man Nollie und Fakie nicht einfach gleichsetzen. Ein Nollie Fs Boardslide hatten wir ja zuvor schon erklärt und an diesem gibt es nichts zu rütteln. Macht man diesen Trick (rückwärts mit dem Körper ZUM Curb/Rail angefahren) jedoch aus dem „Fakie Fahren“, ist es ein Fakie Ollie Bs Lipslide. Man könnte auch sagen ein Fakie Ollie Sw Fs Boardslide, aber auf gar keinen Fall ist es ein Fakie Ollie Fs Boardslide! Dies mag man möglicherweise vermuten, wenn man den Trick wie einen umgekehrten Nollie Fs Boardslide betrachtet, aber das ist eben falsch. Man muss sich nur wieder den Pool oder die Rampe vorstellen, rückwärts leicht schräg die Transition hochfahren, abpoppen und schon befindet man sich im Bs Lipslide (oder Sw Fs Boardslide), nur eben Fakie angefahren.

Ein vielleicht noch letzter Punkt, der allerdings weniger viel Beachtung findet, wäre eine Bezeichnung wie Fakie Ollie sw 5-0 Grind. Auch diese gibt es nicht. Poppt man Fakie ab, kann man gar nicht an einen Trick kommen, der „Switch“ ist, weil sich „das Switch“ ja durch die Stance definiert; und fährt man Fakie ist das eben einfach nicht der Fall. Ein solcher Trick würde also einfach nur ein Fakie Ollie Fakie Nosegrind sein, genau wie wenn man mit einem Fs 180 reinspringt. Das ist dann ein Fs 180 Fakie Nosegrind bei dem ebenso gilt: No Switch Ollie involved! Diese Art von Bezeichnung hat sich in den letzten Jahren gerne mal „eingeschlichen“, da ein sw 5-0 heutzutage sehr häufig vorkommt und der Grind eben der Gleiche wie bei dem zuvor beschriebenen Tricks ist. Allerdings eben nur der Grind an sich, aber DER definiert nicht die Stance, sondern die Art, wie man reinspringt. Wir hoffen, mit diesem kleinen Text ein paar Antworten auf gewisse Fragen gegeben zu haben. 

Decks der Fahrer bei Titus: