Miniramp Jam 2020 | supported by Santa Cruz & Independent
Internationales Winter-Skatefest in Münster
Photos & Text: T. Gentsch
Gäbe es eine Disziplin im Skateboarding, die vor 2000 Jahren einen Platz bei den Spielen in einem römischen Kolusseum gehabt hätte, wäre es sicher das Miniramp-Skaten. In einer Miniramp vermischt sich Street- und Transition Skating, die Schlagzahl an gestandenen Tricks reicht ins Unzählbare und man kann bisweilen auch Tricks ausfahren, die eigentlich schon gebailt schienen. Das macht es vor allem für die Zuschauer äußerst attraktiv und das ist schließlich, was solche Spiele bezwecken – eine Bespaßung der Massen! Zudem birgt eine hölzerne Miniramp auch für die Akteure eine Spielfläche, die im Gegensatz zu einem Beton-Bowl oder einer Vert-Ramp auch mal kleine Fehler verzeiht – ein pures „Spaß-Terrain“ quasi. Das auch potentielle Olympiateilnehmer nach wie vor primär wegen des Spaßes auf dem Skateboard stehen, zeigte sich beim Miniramp-Jam 2020 Mitte Februar in Münster mal wieder par excellance. Zwischen Simple-Session und Bowl Qualifikationscontests für Tokio fanden die Top-Transition-Athleten Europas den Weg ins beschauliche Münster, um sich einen nie dagewesenen Battle in der Rampe unter dem Dach des Skaters-Palace zu geben – allerdings nicht ohne vorher allen anderen „Rundungen“ in Münster einen Besuch abzustatten.
Da der eigentliche Wettbewerb erst am frühen Samstagabend losging, die meisten Fahrer aus dem Ausland allerdings schon am Freitag angereist waren, galt es bei mildem Februarwetter ab Samstagmittag erstmal die Transition Spots Münsters abzuklappern, namentlich den Bowl am Berg Fidel und den „BTC“ DIY Spot. Wo viele Einheimische nur mit Ehrfurcht in ein tiefes Loch starren, sehen besonders Skater aus Dänemark Lines, von denen man wahrhaftig nur träumen kann. Es zahlt sich schon aus, wenn man im ALIS Bowl in Christiania groß wird. Nachdem alle sich am einladenden Flat-Rail ausgetobt hatten, erteilten die Jungs aus Kopenhagen allen eine Lektion in Sachen „Padless-Betonschüssel fahren“ und Björn Lillesoe flog mal eben einen 12 Fuß (4 Meter) weit geflogenen Fs Boneless. Grant Taylor wäre stolz auf ihn gewesen und selbst Alex Hallford konnte kaum glauben, was er da gerade gesehen hatte. Nach einer guten Stunde war der Zauber dann vorbei und es ging weiter zum BTC – Round Two, Fight!
Da das Wetter wie schon erwähnt erstaunlich gut war, herrschte bei unserer Ankunft am BTC schon eine rege Session der Locals. Die „Stars“ reihten sich nahtlos ein und beglückten die relativ neue Corner mit einigen „First-Evers“. Im Gedächnis blieb vor allem Bart Buikman´s fetter Bs Ollie Desaster, bei dem er zwar sein Deck brach, aber trotzdem weiterfuhr. Alex Hallford und Jordan Thackeray beglückten den Spine mit verrückten Combos und man konnte förmlich fühlen, wie sehr den Jungs der Spot zusagte. Props an die BTC-Crew, die einem eigentlichen Platz der Brache mit ihrer aufopferungsvollen Arbeit neues Leben eingehaucht haben.
Ab 17 Uhr ging es dann für alle langsam aber sicher zum Skaters-Palace, dem Ort des eigentlichen Geschehens. Auch 2020 hatten sich die Jungs von Titus mal wieder zwei Neuerungen an der Rampe ausgedacht, die die Spektakel eine ganz besondere Note verleihen sollten. Zum einen wurde in der linken Ecke ein Wallride hochgezogen, zum anderen gab es einen Best-Trick Contest über eine echte ehemalige Pool-Leiter. Als es dann um 19 Uhr endlich losgehen sollte, mussten die „Top-Fahrer“ erstmal aus ihrem Domizil zur Rampe geholt werden, da sie sich noch in einem anderen (internen) Wettkampf des „wer baut am schnellsten“ Side-Events befanden. „Ach, ihr seid noch nicht mal angemeldet? – Na dann mal los!“
Kaum in der unter der Decke schwebenden Rampe angekommen, waren Alle allerdings ebenso schnell mit Rollen beschäftigt, wie zuvor in der nahen Unterkunft. Man könnte es auch als eine brutale Lektion in Sachen „das kann man an einem Coping so alles machen“ bezeichnen. Nach und nach tauchten weitere Fahrer aus den Niederlanden und Deutschland auf, sodass man letzten Endes ein Starterfeld aus 30 Fahrern hatte. Damit hatte keiner gerechnet und so zog sich die Vorentscheidung ein wenig in die Länge. Da es jedoch ausreichend und preiswert jede Menge Bier gab, konnten die Jungs über dieses kleine Manko locker hinwegsehen. Und als nach gefühlt zwei Stunden die Eleminations durch waren, hatten dann doch alle auch sofort wieder Power für den Best-Trick Contest – an der Pooleiter! Hier bewahrheitete sich, dass ein solches Obstacle ungeahntes Potential birgt und nahezu alles (Un)Vorstellbare wurde an dem dreistufigen Alu-Einstieg zu besten gegeben. Yeah Hallford!
Es folgten die regulären Finales, in denen die Top 3 nochmal etwas mehr aufdrehten. Nie hatte die Rampe ein derartiges Trick-Massaker erlebt, und alleine die Tatsache, dass Lenni Janssen mit einem nahezu Stay-On Run „nur“ auf Platz 6 landete spricht Bände. Obwohl sichtlich ausgepowert, gaben sich selbige Protagonisten in der Folge noch einen Highest Air Contest, bei dem Jordan bei einem Madonna mit seinem Tail die Glocken läutete. Jonas und Hallford knallten obendrein noch ihre Rollen/Körper gegen das Blech der Decke und teilten sich brüderlich den Sieg um den höchsten Air. Und zack, war der Miniramp-Jam 2020 schon wieder vorbei. Danke an die Supporter Santa Cruz und Independent Trucks, die Sponsoren GIRL Skateboards, Spitfire Wheels und Titus sowie alle Fahrer, die zum Teil abenteuerliche Reisen mit einem flixen Bus auf sich genommen hatten. Wir sehen uns hoffentlich alle im Sommer zum DIY Riot wieder!